Beitrags-Archiv für die Kategory 'Kochen'

Eigenes Feuer

Montag, 3. März 2008 9:20

Als philosophischer und politischer Begriff beschreibt Mündigkeit „das innere und äußere Vermögen zur Selbstbestimmung. Mündigkeit ist ein Zustand der Unabhängigkeit. Mündigkeit besagt, dass man für sich selbst sprechen und sorgen kann. Mündigkeit wird oft in einem Atemzug mit dem Begriff der Emanzipation genannt.“ (Quelle: Wikipedia)

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Mir geht es um einen möglichst selbstbestimmten – mündigen – Umgang mit dem Essen. Ich persönlich halte es für wichtig, dass Menschen in der Lage sind, sich selbst gut zu versorgen und das schließt das Kochen mit ein. In dem Zusammenhang finde ich es interessant, dass Mündigkeit historisch auch mit der Verfügung über ein eigenes Feuer in Zusammenhang steht. Der Besitz des eigenen Feuers wurde zur „juristischen Bedingung des vollen Markgenossenrechtes auf dem Lande und der bürgerlichen Mündigkeit in der Stadt. (…) Das eigene Feuer ist also im älteren Recht nicht nur ein Zeichen von Häuslichkeit, sondern geradezu dingliche Vorraussetzung der Teilnahme an den Rechten und Pflichten eines Bürgers (Walter Weiss, zitiert nach: Der Architekt, der Koch und der gute Geschmack, S. 10).

Dieser Gedanke hat was, finde ich.  Auch heute noch, wenn das eigene Feuer nur mehr aus einer Gasflamme oder einem Cerankochfeld besteht.

Thema: Ich mach mir Gedanken, Kochen | Comments Off | Autor: sonja

Wozu selbst kochen? Neun Gründe.

Dienstag, 26. Februar 2008 19:07

 

Kochen ist Kultur – es gilt als die älteste Kulturtechnik der Welt.
Kochen ist Autonomie – der eigene Herd macht unabhängig von anderen.
Kochen ist Kreativität – es eröffnet die Möglichkeit, selbst etwas zu gestalten.
Kochen ist Handwerk – mit den eigenen Händen eine Speise „bauen.“
Kochen ist Freundschaft – wir tun uns selbst und anderen etwas Gutes.
Kochen ist Lernen – planen, einteilen, entscheiden, agieren, reagieren, bewerten.
Kochen ist Politik – in der Küche entscheiden wir über den Zustand der Welt.
Kochen macht Spaß.
Kochen führt zu einem richtigen Essen.

 

 

 

Thema: Ich mach mir Gedanken, Kochen | Comments Off | Autor: sonja

Ungeduld im Februar

Sonntag, 17. Februar 2008 16:24

Ungeduld ist die Todsünde des Gärtners schreibt Ute Woltron im Rondo vom 16. Februar 2008, und meint damit: es hat keinen Sinn, die Samen für das Gemüsebeet zu früh in die Erde zu stecken, denn die Zeit bis zum Auspflanzen ist einfach noch zu lang. Ungeduld in gärtnerischer Hinsicht wird mit langen, schwächlichen, wässrigen Pflanzen bestraft, die spätestens kurz vor der Ernte k.o. geben. Also bitte Geduld, liebe Gärtnerinnen und Gärtner!

Aber was ist mit der Ungeduld der Köchin und der Essenden, wenn es Ende Februar wird, weit und breit (zumindest bei uns) kein frisches Grünzeug in Sicht ist und Karotten, Chinakohl und Kraut gewisse Unlustgefühle erzeugen? Im Supermarkt gibt es Eissalat, Paprika und Tomaten aus den plastikbedeckten Landschaften Spaniens, Frühlingszwiebel und Zucchini aus Italien (ist zumindest geografisch näher). Ungeduldige, die hier zugreifen, werden mit tendenziell geschmacklosem Essen bestraft und viele wahrscheinlich auch mit einem schlechten Gewissen (lange Transportwege, hoher Energieeinsatz, Klimakiller!).

Wir ÖsterreicherInnen essen schließlich lieber regionale Lebensmittel. Das haben wir jetzt auch amtlich, denn so steht es im Lebensmittelbericht 2008, den Landwirtschaftsminister Josef Pröll vor wenigen Tagen veröffentlicht hat. Danach ist die österreichische Herkunft das wichtigste Kriterium für den Kauf von Lebensmitteln, gefolgt von Qualität, Regionalität und Frische.

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Quelle: Lebensmittelbericht 2008, S. 153

Allerdings spielt die österreichische Herkunft vor allem bei Milch, Butter und Schweinefleisch eine große Rolle. Bei Obst und Gemüse ist zwar die Frische das wichtigste Kriterium für die Kaufentscheidung, nicht aber die österreichische Herkunft. Das gibt mir zu denken: Ist denn nicht gerade bei den meisten Obst- und Gemüsesorten ein kurzer Transportweg mit größtmöglicher Frische verbunden? Oder wurden die Daten vielleicht im Februar erhoben, wo wir alle schon ein bisschen leiden unter dem eingeschränkten Angebot an regionalem Obst und Gemüse?

Wie auch immer, Auswege gibt es: Sie reichen von

a) mehr Geduld aufbringen, über

b) den Eigenanbau von Kresse am Fensterbrett,

c) die gelegentliche Verwendung von Tiefkühlgemüse bis zu

d) vermehrten Anstrengungen was den kreativen Einsatz von Lagergemüse betrifft.

Ich persönlich entscheide mich für einen Mix aus all dem. Hat jemand eine bessere Idee?

ad c): Blattspinat mit Kokosmilch:

Für 3 Personen ca. 400 Gramm Blattspinat (TK) mit ein wenig Butter und Wasser dünsten. Mit Salz, einer Prise Muskat und einem kräftigen Schuss Kokosmilch (Tetrapack) würzen. Dazu passt Couscous, Reis oder Polenta. Ein Blitzessen!

ad d): Chinakohl mit Äpfeln

feingeschnittenen Chinakohl mit blättrig geschnittenen Äpfeln mischen, Salatmarinade aus Essig, Salz, Senf und Olivenöl drüber, gut durchmischen. Schmeckt fruchtig und saftig und ist bei uns gerade sehr beliebt.

 

 

 

 

Thema: Lebensmittel, Ich mach mir Gedanken, Kochen, Rezepte | Comments Off | Autor: sonja

Verstecken spielen mit Gemüse

Donnerstag, 7. Februar 2008 19:09

Dieses neue „Spiel“ breitet sich gerade wie eine Epidemie aus. Kaum ein Artikel über Kinderernährung und nur wenige einschlägige Kochbücher kommen ohne aus. Demnach muss man Gemüse vor Kindern verstecken, denn Kinder mögen kein Gemüse. Die aktuellste Variante zu diesem Thema habe ich heute in Form einer Presseaussendung in meinem Postfach gefunden: Fernsehkoch Thomas Sixt hat Rezepte entwickelt, bei denen er Gemüse in Gerichte hineinschmuggelt, die Kinder normalerweise gerne essen.

Auszug aus der Presseaussendung: „Kinder und Gemüse gelten allgemein als Widerspruch. Mit kleinen Tricks werden  Hackbällchen, Frikadellen oder Fleischpflanzerl mit reichlich Spinat, Karotten und Kartoffeln versehen und mit großem Genuss von den Kleinsten verzehrt“ freut sich der bekannte Fernsehkoch Thomas Sixt über die neuesten Kochideen. ….Damit sich Kinder und Erwachsene gesünder, ballaststoff- und vitaminreicher ernähren, ist Chefkoch Sixt  fast jedes Mittel recht. Sixt: „Der Trick ist an sich recht einfach: Hochwertiges findet Eingang in die Lieblingsspeisen der Kinder, gleichzeitig bleibt der typische Speisengeschmack bestehen.“

Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es dann Hackbällchen (Fleischlaberl), die mit Spinat und Karotten angereichert sind, aber nicht nach dem Gemüse schmecken! Mütter und Kinder haben die Speisen getestet, offenbar hat es ihnen geschmeckt, denn ein Kochbuch ist in Vorbereitung.

Keine gute Idee: Kinder beim Essen austricksen!

Diese Art der Kinder-Geschmacks-Erziehung kommt mir einigermaßen merkwürdig vor. Kinder dürfen also nicht merken was sie essen, die Eltern sind aufgerufen, ihre Kinder zu verschaukeln und auszutricksen. Und das soll gesund sein?

Mir ist es anders lieber. Kinder sollen merken, was sie essen! Sie sollen ihren Geschmack an unverfälschten Lebensmitteln und Speisen entwickeln und wenn dabei eine Zeit lang das Gemüse zu kurz kommt – soll sein. Ausgetrickst werden die Kinder ohnehin oft genug durch die Angebote der Nahrungsmittelindustrie mit ihren künstlichen Aromen (Erdbeerjogurt!) und Geschmacksverstärkern. Wer will da Eltern raten, auch noch in diese Kerbe zu schlagen? Das kann doch wohl nur ein schreckliches Missverständnis sein.

Wie überhaupt beim Thema Kinderernährung jede Menge merkwürdiger Ratschläge kursieren. Von den vielen Konzepten zu diesem Thema finde ich nur zwei wirklich empfehlenswert: Das Konzept von Slow Food mit der Geschmackserziehung und die Überlegungen des dänischen Pädagogen Jesper Juul. Was beide gemeinsam haben, ist eine engagierte, aber unaufgeregte Haltung zum Thema. Es geht nicht darum, den Kindern das „richtige“ Essen vorzusetzen, sondern mit ihnen gemeinsam die Welt der Lebensmittel und des Kochens zu entdecken. Das ist bestimmt auch für Erwachsene lustiger, als Gemüse in Fleischbällchen zu stopfen.

 

 

Thema: Kinderernährung, Ich mach mir Gedanken, Kochen | Comments Off | Autor: sonja

Autonomie und Aroma

Dienstag, 5. Februar 2008 11:52

Essen wollen wir alle. Kochen auch? Da scheiden sich die Geister. Manche erheben es zur Kulthandlung, anderen reicht es, wenn im Fernsehen gekocht wird. Kochen wird als kreative, sinnliche, meditative Tätigkeit erlebt, die Spaß macht oder auch als Belastung und stressige Verpflichtung, auf die frau gut verzichten könnte. Angeblich sind die Männer eher die Lustköche (Hobby, Wochenende, Gäste!) und viele Frauen können aufgrund der täglichen Verpflichtung zum Kochen (Kinder!) dem Lustprinzip nur selten oder gar nicht frönen.

Kochlust gegen Kochfrust – wie wird das Match ausgehen? Ich halte das in erster Linie für eine Frage der Rahmenbedingungen: Gibt es Zeit dafür im Alltag? Kann ich mir die Zeit nehmen? Wie setze ich meine Prioritäten? Wie schaut die Arbeitsteilung zum Beispiel in Familien aus? Welchen Stellenwert hat das Kochen in der Gesellschaft – abseits von Starköchen und Kochshows im Fernsehen?

Das sind einige der Fragen mit denen ich mich beschäftige und über die ich hier schreiben möchte.

Ist es überhaupt wichtig selbst zu kochen? Ich denke, ja. Für mich ist kochen ein Ausdruck von Autonomie. Mündige EsserInnen kommen nicht darum herum, selbst zu kochen. Immer nur Restaurant oder Essen aus dem Supermarkt kann´s ja wohl nicht sein.

Daher zum Einstand ein Lieblingsrezept: Die „aromatische Basis“ eignet sich als Grundlage für Suppen und Schmorgerichte und sorgt für geschmackliche Dichte und wunderbaren Duft: Zwiebel, Karotte, Stangensellerie in feine Stücke schneiden, Rosmarin und Salbei hacken und alles bei mittlerer Hitze in Olivenöl braten, bis es duftet. Das dauert etwa 10 Minuten.

Gehackter Knoblauch kommt erst gegen Ende dazu, damit er nicht verbrennt. Gemüse und Kräuter wähle ich nach Vorhandensein, Lust und Laune bzw. weiteren Plänen. Auch Petersilwurzeln, Fenchel und Lauch eignen sich, ebenso Thymian. Manchmal kommt auch Speck dazu. Chili darf auch sein. Die aromatische Basis wird mit roten Linsen, Wasser und Tomatenstücken zu einer mediterranen Linsensuppe, mit Hühnerkeulen und Tomatenpolpa zu einem perfekten Schmorgericht. Es gibt unzählige weitere Verwendungsmöglichkeiten, die alle eines gemeinsam haben: Sie sorgen für ein dichtes Geschmackserlebnis und ein warmes Gefühl im Bauch. In Italien heißt die aromatische Basis „Sofritto“ und wie das auch physikalisch genau funktioniert, weiß ich aus Hans Gerlachs wunderbarem Buch „Kochen fast ohne Rezept“. www.food-und-text.de

 

 

Thema: Ich mach mir Gedanken, Kochen, Rezepte | Kommentare (0) | Autor: sonja