Beitrags-Archiv für die Kategory 'Ich mach mir Gedanken'

Entschleunigung hat einen Preis

Sonntag, 6. September 2009 16:54

Warum uns ständig die Zeit knapp wird und was wir dagegen tun können, das hat der Soziologe Hartmut Rosa in einem Gespräch im Standard erklärt. Zum Beispiel im Kalender auch mal „frei“ einzutragen oder – in meiner Interpretation – einen Sommer lang etwas von der persönlichen To-do-Liste zu streichen. Und das liefert mir nun eine ausdrückliche Begründung dafür, dass ich hier so lange nichts geschrieben habe und dafür meiner Seele das Baumeln erlauben konnte – hin und wieder zumindest.

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Ansonsten war es ein durchaus produktiver Sommer, in dem ich etliche Geschichten geschrieben habe, die spannende Begegnungen und vergnügliche Recherchen gebracht haben. Aber ein bisschen muss ich auch jetzt noch entschleunigen, daher ist es für heute genug.

 

 

Thema: Empfehlungen, Ich mach mir Gedanken | Comments Off | Autor: sonja

Vergleichende Kochforschung

Samstag, 14. Februar 2009 21:56

Es macht ja einen Unterschied, ob in einer Großküche, einer Restaurantküche oder einer privaten Küche gekocht wird. Und es ist spannend, die Küchenarbeit zu vergleichen. Einen kurzen, sehr erhellenden Videofilm gibt es auf einer Website, die sich www.forschungsalltag.de  nennt und im Rahmen eines Forschungsprojektes eine Reihe von Videos zum Thema Essen und Trinken produziert und veröffentlicht hat: Der Film über Küchenarbeit ist ein Beispiel, weitere widmen sich dem Einkaufen, Trinkritualen, Schlaraffenland, Vor und nach der Mahlzeit. Auch Interviews mit Kulturwissenschaftlern gibt es.

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Bei dem Film über Küchenarbeit gefällt mir der direkte Vergleich der Abläufe etwa bei der Herstellung von Kartoffelpüree. Das sieht man ja normalerweise nicht. Und ich weiß danach auch gleich, wo ich lieber essen möchte. Das Foto ist natürlich nicht aus dem Film, das hab ich in einer Gasthausküche am Land in Niederösterreich gemacht.

 

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sALTo vorwärts

Donnerstag, 13. November 2008 13:53

Es kommt nicht darauf an, wie alt man wird, sondern wie man alt wird. Ein guter Satz, gehört auf der Tagung „sALTo vorwärts. Die intergenerative Zukunft im Stadtteil“, gestern in Wien. Vorgestellt wurde das gleichnamige Projekt „sALTo“, bei dem es genau darum geht, wie man gut und möglichst selbstbestimmt im eigenen Stadtteil älter werden kann.

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Das Projekt wurde vom Büro Plansinn im Auftrag der MA 18 Stadtentwicklung und Stadtplanung und der Bereichsleitung für Strukturentwicklung durchgeführt worden ist. Ich bin bei Recherchen darauf gestoßen und habe einen Artikel für www.gesundesleben.at darüber geschrieben. Mir gefällt es deswegen so gut, weil es nicht nur am Verhalten der einzelnen Menschen (das auch), sondern vor allem an den Verhältnissen ansetzt und sich um gute Rahmenbedingungen bemüht. Manchmal ist das nur eine Bank, oder ein Telefonanruf, oder…. Ein Ansatz, dem ich möglichst große Verbreitung wünsche auch in anderen Bereichen.

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Unverdauliche Kost

Mittwoch, 29. Oktober 2008 18:30

Unverdauliche Kost - da fühl ich mich angesprochen, auch wenn es nicht ums Essen geht. Unverdaulich ist nämlich die ständige Beschallung und Berieselung mit Musik, die heute schon ganz selbstverständlich geworden ist. Man muss sich nur mal vorstellen, uns würde soviel in den Mund gestopft wie in die Ohren! Das würde niemand aushalten.

Eine sehr gute Initiative im Rahmen der Kulturhauptstadt Linz 2009 macht auf die akustische Überfütterung aufmerksam und fordert Beschallungsfreiheit und Ruhezonen.

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Für eine bewusste Gestaltung unserer hörbaren Umwelt sind viele Aktionen und Initiativen geplant. Mitmachen kann man auch. Alle Infos dazu hier.

Woher ich das alles habe? Von Ö1 – meinem Lieblingsradiosender, unverzichtbare Quelle für Informationen und Anregungen der besten Sorte.

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Der Kreis schließt sich

Montag, 18. August 2008 18:40

Wenn die Ochsenherzen in ihrer ganzen roten Pracht geerntet werden können, ist es Zeit an das nächste Jahr zu denken und Samen für die Aussaat zu ernten.  Also schöne, sortentypische, aromatische vollreife Früchte auswählen, am besten von verschiedenen Pflanzen. Gut wären bis zu 12 verschiedene, ich bringe es auf vier bis fünf. Scheint aber zu funktionieren, ich mach das ja schon einige Jahre.

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Der erste Schritt: Früchte aufschneiden und die Samen mit einem Löffel herausholen. Es spricht nichts dagegen, den Rest trotzdem zu essen.

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Die Samen kommen mitsamt dem dran haftenden Fruchtfleisch in ein Glas. Wasser dazu und eine Prise Zucker. Nicht luftdicht verschließen, ich decke das Glas nur mit einem Stück Küchenrolle ab. Diese Methode der Saatgutaufbereitung nennt sich Nassreinigung mit Gärung.

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Die Anleitung für die Saatgutaufbereitung stammt aus dem unverzichtbaren Arche-Noah „Handbuch Samengärtnerei“ von Andrea Heistinger. Nach ca. zwei Tagen bildet sich eine dünne Hefeschicht an der Oberfläche des Glases. Diese Gärung dient dazu, die Samenhülle oder Keimschutzschicht abzubauen. Ist das geschehen, greifen sich die Samen nicht mehr glitschig, sondern rau an. Die Keimschutzschicht ist auch dann abgebaut, wenn die Samen zu Boden sinken und sich das Fruchtfleisch im oberen Teil des Glases sammelt.

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Wenn es soweit ist, das Wasser mit dem oben schwimmenden Fruchtfleisch abgießen. Mehrmals wiederholen und in einem Sieb mit fließendem Wasser nachreinigen.

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So sehen die gereinigten Samen aus.

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Jetzt müssen sie trocknen. Dafür geb ich sie in Kaffeefilter und lasse sie an einem luftigen, warmen Ort – aber nicht in der Sonne – trocknen.

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In den Filtertüten könnten sie schon überwintern. Besser noch man löst sie vorsichtig vom Papier ab und gibt sie in kleine Dosen – früher hab ich immer Filmdosen genommen, aber die existieren ja nicht mehr. Das alles ist übrigens halb so aufwendig, wie es vielleicht klingt.

Fazit eines Paradeiserjahres: Zu meinen Ochsenherzen hatte ich schon seit Jahren eine besondere Beziehung. Durch die Dokumentation von der Aussat bis zur Samenernte hat sich diese Beziehung noch verfestigt. Viele Leute reden mich drauf an und es tut mir nur leid, dass so ein Blog keine Kostproben ermöglicht. Vielleicht muss ich für nachstes Jahr rechtzeitig ein Paradeiserfest einplanen!

 

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Der ultimative Knödelteig

Freitag, 15. August 2008 10:05

Der Knödeldebatte auf Katharina Seisers Esskultur muss ich unbedingt mein ultimatives Lieblingsrezept hinzufügen. Ich habe es aus einem uralten Gusto ausgerissen, das Rezept selbst stammt von Josef Zotter - mittlerweile als Schokolademacher bekannt. Die Marillen werden hier noch mit Schokolade gefüllt! Das hab ich noch nie gemacht, mich interessiert nur der Teig, ein Topfenteig, und der ist einfach der allerbeste, den ich kenne.

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  • 6 dag Butter

  • 2 Eier

  • 6 dag Kristallzucker

  • 20 dag Weißbrot

  • 1/2 kg Topfen (20 % Fett)

  • 1/2 Bio-Zitrone

Eier in Dotter und Klar trennen. Weißbrot entrinden und fein reiben (wird bei mir durch 20 dag Semmelbrösel ersetzt). Butter cremig aufrühren, Dotter nach und nach einrühren, mit einer Messerspitze Salz, Vanillezucker, Zitronenschale und -saft abschmecken. Eiklar mit Kristallzucker zu schmierigem Schnee schlagen. Topfen und Brösel unter die Buttermasse rühren, Schnee behutsam unterheben. Die Masse vor dem Weiterverarbeiten eine halbe Stunde kalt stellen.

Ich forme dann eine Rolle aus dem Teig, nicht auf einer bemehlten Unterlage, sondern auf einer Klarsichtfolie, schneide Scheiben ab und packe die Früchte (Marillen, Zwetschken - manchmal, wenn ich faul bin und die Früchte vertrauenerweckend, lasse ich die Kerne einfach drin) darin ein. Gut verschließen und zwischen den Händen rollen, damit die Knödel beim Kochen nicht aufgehen. In leicht gesalzenem Wasser ca. 10 Minuten mehr ziehen als kochen lassen. Dazu Butterbrösel, gerne auch gemischt mit einer Handvoll geriebenen Haselnüssen und Staub- oder Backzucker drauf.

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Jetzt oder nie!

Donnerstag, 17. Juli 2008 21:27

Wann soll man den Marillenkuchen backen, wenn nicht jetzt? Bei unserem Marillenbauern vor zwei Tagen gekaufte Marillen sind jetzt gerade richtig, um verarbeitet zu werden. Dieses Rezept ist ganz einfach, meine Tochter – 11 Jahre – hat gebacken und ich habe nur ganz wenig geholfen.

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Marillen halbieren und entkernen. Backrohr auf 180 Grad vorheizen. 150 g sehr weiche Butter mit 120 g Backzucker, Vanillezucker und der abgeriebenen Schale einer halben Zitrone zu einer weißen, dicken Creme schlagen – geht natürlich am leichtesten in der Küchenmaschine. Ich verwende immer den Schneebesen dafür, der schlägt ordentlich viel Luft hinein. Nach und nach drei ganze Eier unterrühren. Ich bin sonst eher fürs Eier trennen beim Backen, aber hier ist es wirklich nicht nötig. 180 g Mehl und 2 Tl Backpulver (Reinweinsteinbackpulver aus dem Bioladen, das normale schmeckt zu stark durch) auf die Masse sieben und vermischen. In eine mit Butter ausgestrichene und mit Mehl bestäubte Form (bei mir Auflaufform ca. 20 x 30 cm, Tortenform geht auch) füllen. Marillen mit der Rundung kurz in Mehl tauchen, damit sie nicht zu stark einsinken und mit der bemehlten Seite nach unten auf den Teig geben. Ca. 30 Minuten backen. Schmeckt lauwarm am besten.

Das Rezept stammt mit ganz leichten Abwandlungen aus dem Kochbuch „Der große Meuth Neuner Duttenhofer“ von Martina Meuth und Bernd Neuner Duttenhofer.

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Bunte Vielfalt und einsame Spitze

Montag, 19. Mai 2008 16:09

Eine kleine Zeitreise in den Sommer können wir ja machen, während draussen gerade doch noch so eine Art „Eisheiligen“- Wetter herrscht. Ja so schaut das aus, wenn man viele verschiedene Sorten von Tomaten anbaut und erntet. Sehr verlockend!

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Vor einer Woche glaubten wir ja, es würde es  keine Eisheiligen geben! Mittlerweile wissen wir es besser – sie haben sich einfach verspätet. Wie auch immer, die Paradeispflanzen sind in der Erde. Sie werden es schon aushalten, sind ja abgehärtet.

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Ich baue immer nur diese eine Sorte (Ochsenherzen) an , weil ich sie sortenrein erhalten will und das funktioniert nicht, wenn andere Paradeiser in der Nähe sind. Also verzichte ich auf die bunte Paradeiser-Vielfalt, die ich auch im Garten haben könnte, wenn ich Samen oder Pflanzen kaufen würde. Schweren Herzens zwar, aber geschmacklich sind unsere Ochsenherzen ohnehin einsame Spitze.

Optisch und auch sonst spricht schon einiges für Vielfalt. Das Foto ganz  oben zeigt einen Bruchteil der Möglichkeiten. Die bunte Pracht stammt von den Feldern und Gärten von Regine Bruno, die mit ihrem genialen Konzept auch Menschen ohne Garten zu eigenem Gemüse verhilft. Man mietet eine Parzelle, der Anbau wird von Biobäuerinnen und -bauern erledigt, dann kümmert man sich selbst weiter darum und erntet, erntet, erntet – selbst. Solche „Selbsternte-Flächen“ gibt es schon in ganz Österreich und die kompetenteste Anlaufstelle für Interessierte ist Regine Bruno.

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Und zum Schluss noch eine kleine Zeitreise – ja, sie werden uns schmecken, die grünen, gelben und roten Früchtchen. Im Salat, als Suppe oder Sugo oder am besten einfach so, aufgeschnitten,  mit Salz und feinstem Olivenöl.

 Fotos: Regine Bruno, www.selbsternte.at

Thema: Ochsenherzen, Politik, Lebensmittel, Ich mach mir Gedanken | Comments Off | Autor: sonja

Ich koche, also bin ich – unabhängig

Samstag, 10. Mai 2008 14:10

Nicht alles kann ohne schwerwiegende Folgen ausgelagert werden – kritische Anmerkungen einer kochenden Zeitgenossin:

Aus den aktuellen Krisen rund um Nahrungsmittelknappheit und Hungerrevolten können wir vieles über Abhängigkeit und deren Folgen lernen. Zwar gibt es für die derzeitigen Probleme mehrere Ursachen – verdorbene Ernten im vergangenen Jahr, hohe Ölpreise, die steigende Nachfrage nach Agro-Sprit und die mit all dem zusammenhängenden Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln. Die wahrscheinlich wesentlichste Ursache aber heißt Abhängigkeit: Auf Grund der jahrelangen internationalen Politik mutierten zahlreiche Länder des Südens von Selbstversorgern zu Importeuren von Nahrungsmitteln. Statt in die kleinbäuerliche Landwirtschaft zu investieren, wurde sie durch den lukrativeren Anbau von Exportware für den Weltmarkt verdrängt. In der Folge verschwanden lokale Sorten, örtlich angepasstes Saatgut und auch das Wissen um geeignete Anbaumethoden. Der Preis dafür ist eine steigende Abhängigkeit vom Weltmarkt, von Nahrungsmittelimporten, von multinationalen Saatgutfirmen. Solange die Preise für Grundnahrungsmittel niedrig waren, schien das nicht so schlimm zu sein. Doch unter den heutigen Bedingungen ist es für viele Menschen eine Katastrophe.

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Plastikflasche mit Weizenmehl, Glukosesirup, Trockenhühnerei und Vollsalz.

Was wir im industrialisierten Norden daraus lernen können ist, dass es Ernährungssicherheit ohne Ernährungssouveränität nicht gibt. Abhängigkeit, mangelnde Gestaltungsmacht und fehlendes Know-how führen gerade in einem derart existenziellen Bereich wie dem Essen früher oder später zu Problemen. Aber genau in diese Richtung scheinen sich die Ernährungsgewohnheiten westlicher Gesellschaften zu entwickeln. Viele Studien und Untersuchungen kommen da zu ganz ähnlichen Schlüssen: „Kochen und alles, was sich rund um die alltägliche Ernährung rankt, wird aus dem privaten Bereich mehr und mehr verdrängt“, konstatiert beispielsweise die Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler in einer aktuellen Studie des Zukunftsinstituts. Zeitmangel durch berufliche und andere familiäre Verpflichtungen, sowie der Wunsch nach persönlicher Freizeit spielen dabei eine Rolle. Dadurch verschwindet allerdings schön langsam auch das Wissen um die sachgemäße Verwendung von Lebensmitteln und die Fertigkeiten, die für das Kochen nötig sind.

Die Industrie hat auf diese Entwicklungen längst reagiert. Das Angebot an Fertig- und Halbfertiggerichten wird immer größer und auch die Qualität dieser Produkte wächst, entsprechend den gestiegenen Ansprüchen der KonsumentInnen, was Frische, Geschmack und Gesundheit betrifft. Was allerdings mitwächst ist die Abhängigkeit von den Angeboten der Nahrungsmittelhersteller. Mittlerweile gibt es schon Palatschinkenteig in Plastikflaschen. Eier, Milch und Mehl im richtigen Verhältnis zusammenmischen, das können offenbar viele nicht mehr. Das „Outsourcen“ der täglichen Versorgungsarbeit bringt zwar kurzfristig Entlastung, längerfristig gesehen ist der Preis dafür allerdings eine steigende Abhängigkeit vom Angebot der Nahrungsmittelindustrie und der Supermärkte.

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Zutaten für selbstgemachte Palatschinken/Pfannkuchen: Eier, Mehl, Milch.

Natürlich gibt es auch den gegenteiligen Trend: Wer unter der Woche keine Zeit hat, geht zumindest am Wochenende auf den Bauernmarkt einkaufen, zelebriert vielleicht das Kochen im Freundeskreis und gönnt sich am Samstag Abend einen Kochkurs beim Spitzenkoch. Aber machen wir uns da bloß nichts vor, diese Gegenbewegung erfasst nur einen kleinen Teil der Gesellschaft. Der Trend in Richtung Auslagern von Versorgungsarbeit – ob beim Putzen, bei der Kinderbetreuung, der Versorgung alter Menschen oder beim Kochen – ist wohl mächtiger, schon weil wirtschaftliche Interessen dahinter stehen. Dass diese Art des Lebens von einer Mehrheit bevorzugt wird, glaube ich hingegen nicht. Es ist wohl mehr ein sich arrangieren unter schwierigen Rahmenbedingungen. Und bei den Rahmenbedingungen müsste man auch ansetzen, denn die alltäglichen Belastungen sind real und der Wunsch nach Entlastung nur allzu verständlich.

Mag sein, dass die Lage in Österreich in Hinblick auf das Kochen und den Umgang mit Nahrungsmitteln (noch) nicht ganz so schlecht ist, wie beispielsweise in England, wo die Regierung vor kurzem das Kochen auf den Lehrplan der 11- 14 jährigen gesetzt hat – im Kampf gegen das zunehmende Übergewicht schon bei Kindern. Aber müssen wir mit geeigneten Maßnahmen warten, bis es bei uns auch soweit ist? Kochunterricht und Geschmacksbildung á la Slow Food wären auch in österreichischen Lehrplänen sinnvoll. Eine bessere Aufteilung der Erwerbsarbeit könnte mehr Zeit für die Versorgungsarbeit bringen. Diese in Familien gerechter zwischen Frauen und Männern aufzuteilen wäre ebenfalls ein wichtiger Schritt.

Derzeit leiden wir in unseren Breitengraden „nur“ unter erheblichen Preissteigerungen bei Lebensmitteln – was allerdings für Menschen mit geringen Einkommen schon schlimm genug ist. Ernährungssicherheit und -souveränität haben eine globale Dimension, eine nationale und – eine persönliche. Die beiden ersten Dimensionen prägen gerade die Schlagzeilen. Höchste Zeit auch mal einen Blick auf die persönliche Dimension dieses brisanten Themas zu werfen. Ernährungssicherheit und Ernährungssouveränität fangen nämlich in den privaten Küchen und Haushalten an.

P.S.: Ich habe den Palatschinkenteig aus der Plastikflasche nicht ausprobiert und habe es eigentlich auch nicht vor. Da geht es gar nicht um Geschmack, sondern das ist einfach ein absolut absurdes Produkt. Soviel überflüssiges Plastik für 4 – 6 Palatschinken!

Hier ist noch mein Lieblingsrezept für selbstgemachte Palatschinken: 2 Eier, 200 ml Milch, 100 g Mehl, eine Prise Salz und ein kleiner EL Olivenöl versprudeln – eine halbe Stunde stehen lassen, backen, am besten sofort essen und genießen!

Thema: Politik, Ich mach mir Gedanken, Kochen, Rezepte | Comments Off | Autor: sonja

Du isst, wie du bist?

Mittwoch, 23. April 2008 8:40

Am 7. Mai findet in Bonn eine interessante Tagung statt, die durch die extrem gestiegenen Lebensmittelpreise zusätzliche politische Brisanz erhält. Einen Zusammenhang zwischen Bildungsgrad, Einkommen und Ernährungskompetenz belegen viele Studien. Die Frage ist, wie die Ernährungskompetenz von sozial schwachen Menschen gestärkt werden kann? Meine Kollegin Silvia Danninger wird in Bonn unsere Erfahrungen aus dem Projekt „Food Literacy“ einbringen, wo wir uns  – gemeinsam mit dem Veranstalter, dem aid-infodienst, genau mit diesem Thema beschäftigt haben.  Die Tagung ist bereits ausgebucht, das Interesse also offenbar groß.

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Hier ein Auszug aus dem Tagungsflyer:

Du isst, wie Du bist?
Ernährungskompetenz ist Lebenskompetenz

Die Kluft zwischen dem gesundheitlichen Allgemeinzustand gut situierter Bürger und sozial schwächeren Menschen wird immer größer. Mangelnde Ernährungskompetenz ist ein Grund, weshalb Menschen mit geringer Bildung oder niedrigem Einkommen wesentlich häufiger Übergewicht haben als Personen mit einem höheren Bildungsgrad. Fakt ist: Je geringer die Bildung, die soziale Schicht und das Einkommen, desto größer ist die Anzahl übergewichtiger oder adipöser Männer und Frauen. Armut und mangelnde Bildung erhöhen somit das Risiko zu erkranken und verringern die Lebenserwartung.

Auf dem 11. aid-Forum „Du isst, wie du bist? – Ernährungskompetenz ist Lebenskompetenz“ gehen wir deshalb der Frage nach, wie man Zugang zu den betroffenen Bevölkerungsgruppen finden kann: Wie kann die Ernährungskompetenz von sozial schwachen Familien oder Familien mit Migrationshintergrund gestärkt werden? Wie können sie in die Lage versetzt werden, ihr Essverhalten zu reflektieren und eine Verbesserung der Ernährungssituation selbst in die Hand zu nehmen?

Im Verlauf des Forums soll geklärt werden, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die Menschen auch wirklich zu erreichen und eine Trendwende herbeizuführen. Anhand von verschiedenen Praxisbeispielen zeigen wir, wie Familien durch den Erwerb von Ernährungskompetenz ihren Ernährungsalltag selbstbestimmt, verantwortungsbewusst und genussvoll gestalten können.

Quelle: www.aid.de

Thema: Politik, Erwachsenenbildung, Ich mach mir Gedanken | Comments Off | Autor: sonja